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VDT-Schau Kassel 25.-27. Januar 2019

Mit fast 20.000 Nummern wurde die 67. Deutsche Rassetaubenschau von den Ausstellern gut angenommen. Im Mittelpunkt standen die Kür der Meister und der Champions der Rassegruppe sowie die Versteigerung zugunsten der Stiftung Deutsche Krebshilfe.

 

Abb. 1: Schau der Champions der Rassegruppen und Versteigerung zugunsten der Stiftung Deutsche Krebshilfe

Auf die Tradition der Rassetaubenzucht machte das Deutsche Taubenmuseum Nürnberg mit interessanten Exponaten auf sich aufmerksam. Wer sich literarisch für die Geschichte der Taubenzucht und Taubenrassen interessierte, der hätte an Büchertischen dazu fündig werden können.

Abb. 2: Exponate des Deutschen Taubenmuseums Nürnberg

 

Abb. 3: Exponate des Deutschen Taubenmuseums Nürnberg und Bild auf einen Büchertisch

Über die Neuzüchtungen wurde bereits berichtet. Wie vermutet, müssen die meisten Kollektionen in den nächsten Jahren erneut vorgestellt werden. Darunter auch sechs der sieben Kollektionen der Triganino Modeneser. Das, obwohl sie wie die anderen durchweg die typischen Rassemerkmale aufwiesen und sogar die Farbzuordnungen stimmten. Das ist selbst in der Allgemeinen Klasse nicht durchgängig der Fall. Dort wird es allerdings meist von Preisrichtern und Zuchtausschüssen ignoriert.

  

Abb. 4: Rückblick auf die Neuzüchtungen: Triganino Modeneser und Arabische Trommeltaube

Wenn Kollektionen wie dunfarbige Dänischen Elstern und Arabische Trommeltauben rotfahl-dunkelgehämmert mit zweimal ‚sehr gut‘ und zweimal ‚gut‘ nicht akzeptiert werden, kann am Anforderungsprofil etwas nicht stimmen. Die Note ‚Sehr gut‘ wird nach den AAB vergeben, wenn „sämtliche typischen Rassemerkmal im hohen Maße vorhanden sind, das Gesamtbild des Tieres als eindrucksvoll und harmonisch bezeichnet werden kann und kein Mangel feststellbar ist.“ Ein gut, „wenn das Tier kleine Mängel hat, jedoch keine groben Fehler in der Form oder einem anderen Hauptrassemerkmal aufweist. In der Spalte ‚Fehler/Mängel‘ der Bewertungskarte muß ein solcher vermerkt sein.“

Bei den dunfarbenen Dänischen Elstern, den rotfahl dunkelgehämmerten Arabischen Trommeltauben und auch anderen ‚Neuzüchtungen‘ handelt es sich um Zwischenfarbenschläge, die man aus der Verpaarung von in den jeweiligen Rassen anerkannten Farbenschlägen erzielen kann. Man kann sie auch sinnvoll mit anderen Farbenschlägen der Rassen verpaaren. Es wäre überraschend, wenn sie nicht den Rassetyp zeigen würden. Sie verringern auch nicht die Zuchtbasis der Rasse. Es schadet der Rasse nicht, wenn jemand den Farbenschlag schön findet und zeigen will, selbst wenn er zwischenzeitlich einmal verschwindet. Es schadet der Organisation eher, wenn Funktionäre glauben, jedes Mal eine Anerkennungs- und Aberkennungsprozedur in Gang setzen zu müssen. Wenn man die Zwischenfarbenschläge in Rassen automatisch anerkennt durch den Zusatz bei der Nennung der Farbenschläge, „neben den Hauptfarbenschlägen alle Zwischenfarbenschläge“, wäre schon viel gewonnen. Dann gäbe es auch keine ‚Karteileichen‘, denn man bräuchte keine Kartei.

Dass sich Rassen von vorhandenen deutlich unterscheiden sollten und auch neue ausländische Rasse ggf. nicht Ursprungsrechte dritter Länder verletzen sollten, ist eine andere Frage. Diese sollte nicht mit der Anerkennung von Farbenschlägen vermischt werden. Wenn nur noch die Färbung einen Unterschied zwischen Rassen macht, ist ohnehin schon vorher etwas falsch gelaufen.

Bei einer Deutschen Taubenschau in Kassel, sollte zumindest die Heimatrasse gewürdigt werden, der Kasseler Tümmler.

 

Abb. 5: Kasseler Tümmler schwarzer und brauner Weißschlag

 

 

Abb. 6: Kasseler Tümmler Gelbstreifer und Weißschlag braunfahl

Er gehört zur Gruppe der langschnäbligen Tümmler, die vor allem in Mitteldeutschland mit Zuchtschwerpunkten um Magdeburg/Halberstadt, Braunschweig und Hannover viele Anhänger hatte. Einige Schläge wurden lange unter regionalen Bezeichnungen wie Magdeburger Weißschwänze und Weißschlag-Weißschwänze, Braunschweiger Bärtchen, Hannoversche Weißschlagtümmler oder Hannoverscher Hoch- und Soloflieger, Celler Weißschlag-Tümmler, Bremer Tümmler, Kasseler Tümmler, Holländischer weißer Hochflieger und dem ebenfalls weißen und mit dem Holländer verwandten Stralsunder (52) geführt (Dürigen 1886, 1906).

Elstertümmler wurden damals schon als ‚Deutsche Elstern‘ bezeichnet, sie unterschieden sich vor und kurz nach 1900 nach vorhandenen Abbildungen nur wenig von den Dänischen Elstern. Sie hatten nach Bildern aus damaliger Zeit alle noch wenig von dem heutigen Langschnäbler. Auch die anderen Varianten der Dänische Tümmler, wie Einfarbige, Brander und Stipper, waren in Mittel- und Norddeutschland vorhanden.

Abb. 7: Rückblick auf Elstertümmler vor 1900 im Vergleich zu heute. Quelle: Sell, Taubernrassen, Achim 2009

Gezeigt wurden in Kassel insgesamt 127 Dänische Tümmler, darunter auch die selteneren Bestrümpften. Celler Weißschlag-Tümmler sind in den Hannoverschen Weißschlagtümmler integriert worden. Magdeburger und Braunschweiger bilden heute zusammen mit den Elstertümmlern und Einfarbigen Farbenschläge der Deutschen Langschnäbligen Tümmler (127). Hannoversche Weißschlag-Tümmler (117) und Bremer Tümmler (60) sind sich in der Form ähnlich geblieben. Eine Besonderheit der Hannoverschen ist die Unterteilung in Rotaugen (84) und Weißaugen (14). Das bezieht sich auf die Farbe des Augenrandes. Daneben gibt es weiße Stahlaugen (19) mit angelaufenen dunklen Schnäbeln.

 

Abb. 8: Dänischer Tümmler gelbstipper bestrumpft und graustipper bestrumpft

Unter den Bremer Tümmlern gibt es neben Weißschlägen auch Einfarbige. Auch Bärtchen sind neben Bunten beliebt. Eine Besonderheit ist das Auge, das einen deutlichen perlfarbigen Ring um die Pupille aufweisen soll.

 

Abb. 9: Hannoverscher Tümmler braungescheck und Bremer Tümmler blau mit Binden

 

Abb. 10: Auge eines Bremer Tümmlers Foto (von eine anderen Schau) und Stralsunder Hochflieger Katalog 15708 mit permanent guter Haltung

Der Kasseler Tümmler (40) hat erst nach 1900 einen Entwicklungssprung getan und ein eigenes Gepräge mit hohem Stand, gerader Haltung und einem in einer deutlichen Bogenlinie verlaufenden Kopfprofil gewonnen. Diese Wandlung wurde im Sammelband von Wittig 1925 in einem Vergleich des alten Typs und des neuen Typs festgehalten. Traditionell ist der braune Farbenschlag, wie bei Hannoverschen Tümmlern, in der Rasse vorhanden und relativ häufig zu sehen. In Kassel allerdings nur ein brauner, dafür aber 10 braunfahle Weißschläge.

Abb. 11: Der Entwicklungssprung des Kasseler Tümmlers zu einem neuen Typ. Quelle: Sell, Taubenrassen, Achim 2009

In der Allgemeinen Abteilung stellten die Deutschen Modeneser mit fast genau 1.300 Tieren in über 50 Farbenschlägen mit Abstand die größte Gruppe. Aus dem Duo der Modeneserrassen, Deutsche Modeneser und Modena, die beide historisch auf die italienischen Modeneser zurückgehen, scheint inzwischen ein attraktives Kleeblatt zu werden.

 

Abb. 12: Deutsche Modeneser Magnani vielfarbig

 

 

Abb. 13: Modena Schietti blau bronzegehämmert milky und Triganino Modeneser Schietti dun mit Sulfurbinden

 

 

Abb. 14: Modena und Triganino Modeneser Gazzi im Vergleich zur historischen Abbildung einer Modeneser Flugtaube. Quelle: Sell, Taubenrassen, Achim 2009

 

Zum Namen: Triganieri waren Halter der Tauben, die ihre Tauben in Modena zum Flug- und Fangsport ausbildeten. Auf diese Flugtauben werden alle drei Rassen zurückgeführt, wenn die Importe offenkundig schon nicht mehr den bei Bonizzi gezeigten Fliegertyp (Abb. 14) verkörperten. Nach Deutschland waren sie schon Ende des 18. Jahrhunderts gekommen. Danach sind sie wieder verschwunden, bis sie um 1860 erneut eingeführt wurden. Tiere kamen zu der Zeit auch über Österreich nach Deutschland. Nach Berichten von Zeitzeugen, wie Dietz-Frankfurt, waren sie in Größe und Form sehr unterschiedlich und teilweise von damaligen Florentinern, Huhnschecken, kleinen Maltesertauben und anderen Huhntaubenrassen kaum zu unterscheiden. Das klingt aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, wird durch die Abbildungen bei Dürigen 1886 und 1906 aber bestätigt. Das Potential zum Auseinanderdriften hatte das Rassegemisch damit schon in sich, so dass sich in England durch Selektion ein schwerer und ‚runder‘ Typ entwickeln konnte. In Deutschland und in Italien blieb es bei einem leichterer Typ mit Betonung unterschiedlicher Formattribute.

 

 

Abb. 15: Historische Abbildung eines Modeneser Gazzi, einer Huhnschecke und einer Maltesertaube bei Dürigen 1886, entnommen: Sell, Taubenrassen, Achim 2009

 

Modena waren in der Allgemeinen Klasse 219 gemeldet, wozu noch eine Kollektion unter den Neuzüchtungen zu finden war. Triganino Modeneser standen 32 in der Allgemeinen Abteilung, darunter etwa die Hälfte in der AOC-Klasse. Dazu kamen noch sieben Kollektionen unter den Neuzüchtungen. Interessant in der AOC-Klasse die Schietti Magnani mit ihrer Variantenvielfalt, die dem Begriff der ‚Vielfarbigen‘ alle Ehre machten.

 

Abb. 16: Triganino Modeneser schietti magnani in der AOC-Klasse

 

 

Abb. 17: Triganino Modeneser schietti magnani in der AOC-Klasse


Literatur:

Dürigen, Bruno, Die Geflügelzucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkt, Berlin 1886. Zweite, gänzlich neu bearbeitete Auflage, Berlin 1906.

Sell, Axel, Taubenrassen. Entstehung, Herkunft, Verwandtschaften. Faszination über die Jahrhunderte, Achim 2009. http://www.taubensell.de/003_Neu_Buchshop/info_taubenrassen.htm