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Runts, Römer, Riesentauben: Ein Quellenwerk zu den größten Haustauben

Extreme erregen Aufmerksamkeit. So auch die größten und die kleinsten Exemplare der jeweiligen Art. Zu den größten Tauben zählen die Römer, deren mögliche Vorfahren als große Tauben aus der Region Kampanien, südlich von Rom, schon Plinius 77 n.Ch. für erwähnenswert hielt. Christie und Wriedt hatten in den 1920er Jahren ein Exemplar mit 1225 g vorgestellt bekommen. Für denjenigen, der sich für die Geschichte der großen Tauben und speziell der Römer interessiert, ist das französischsprachige Buch von Thierry Castille, Le Pigeon Romain, mit zahlreichen Darstellungen und Quellenhinweisen eine Fundgrube.

 

    

Thierry Castille, Le Pigeon Romain, Rennes 2011

Bei Brisson sind 1760 die ‚Pigeon Romain‘ noch eine Bezeichnung für alle bekannten domestizierten Zuchtrassen, von den federfüßigen Tauben bis zu den Trommeltauben. Buffon hat eine andere Begriffsbildung. Romains sind bei ihm 1772 eine der kleineren Rassen in der Gruppe der großen Tauben. Zu den Großen unter den größeren Haustauben gehören die 'Oiseaux lourd‘, schwerfällig und wenig vermehrungsfreudig, so groß wie ein kleines Huhn, die krummschnäblige Bagdette, die Spanische Taube, die Türkische Taube und, etwas kleiner, auch die Römische. Bei Boitard und Corbié wird sie in heute schon erkennbarer Form als Pigeon Romain ordinaire gezeigt, wobei die Iris noch gelb sein sollte (Boitard und Corbié 1824, S. 190). Perlig mit Ausnahmen waren sie bei der Pigeon Romain cupé, die eleganter und hochstehender war. Das wird auf Kreuzungen mit der perläugigen Pigeon Bagdais Batard zurückgeführt. Diese wiederum galt als Nachfolger der Spanischen Taube und Ahne der perläugigen Französischen Bagdette und dürften neben der Größe auch das Perlauge in die heutigen Römer getragen haben.

 

Abbildung eines ‚Runts‘ bei Lumley (Quelle Castille 2011) und Riesentauben aus dem Buch ‚Taubenrassen‘ 2009.

Der Römer, wie wir ihn heute kennen, entstand erst nach 1860, nachdem J-P. Brechet mit Züchtern aus der Umgebung von Paris aus den vorhandenen Rassen den modernen Typ mit einer Flügelspannweite über einen Meter entwickelte. Das Besondere an der 108-seitigen Monographie von Thierry Castille ist es, dass er die historischen Texte sprechen lässt. Er stellt zentrale Textstellen und Abbildungen vor und überlässt es dem Leser, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen und Anschlussüberlegungen anzustellen. Für einige Leser leider in französischer Sprache. Das umfangreiche historische Bildmaterial und die Quellenhinweise auf die Originale erleichtern aber die Einordnung in die Literatur und selbst das Verständnis der Texte.

Einige seiner historischen Abbildungen von ‚Römern‘ können auch das Rätsel der in der Literatur als Römer abgebildeten kleinen, eher tümmlerartigen Tauben lösen. Diese durch François Martinet zwischen 1765 und 1773 geschaffene und in verschiedenen Varianten nachgedruckte Taube stellt den Römer als Prototyp der Haustaube ohne irgendwelche Besonderheiten nach der Vorstellung Brissons dar (Castille 2011, S. 7). Für den Leser der 1. Auflage des Schachtzabels von 1910 ist es schon irritierend, in den Vorbemerkungen die „Römertaube aus einem älteren Werke“ ohne Quelle und ohne Erläuterung in der Figur eines kleinen Hochfliegers präsentiert zu bekommen, um danach staunend die durch Schoener=Würzburg geschaffenen Bildtafeln mit den gewaltigen Römern zu finden. Der Unterschied zeigt nicht den Zuchtfortschritt, wie Schachtzabel in den Vorbemerkungen vermutet, sondern es ist eine andere Taube.

 

Le Pigeon Romain als Prototyp der Haustaube nach Bresson . Zeichnung durch Martinet 1771 und Römertaube bei Schachtzabel 1910 (oben links)

Römer bei Schachtzabel 1910

Alte Literatur und alte Abbildungen können nur unter Einbettung in die Entwicklung der Rassetaubenliteratur interpretiert werden. Das geschieht in der Monographie von Castille für die Römer. Von Bedeutung ist sein Werk aber darüber hinaus für das Verständnis der Entwicklung aller großen Taubenrassen.

Ein Problem solcher aufschlussreichen Werke ist die geringe Breitenwirkung. Zum einen besteht die Sprachbarriere, zum anderen wissen wenige, die es interessieren könnte, dass es ein solches Buch überhaupt gibt. Und wenn sie es wissen, dann ist es kaum zu finden. Eine Recherche in den online erreichbaren wissenschaftlichen Bibliotheken verlief negativ, es wird in einigen Spezialbibliotheken vorhanden sein und bei Sammlern. Sammlungen können aber auch wie ‚Schwarze Löcher‘ des Universums wirken, die Materie aus ihrer Umgebung aufsaugen und für den Rest des Universums zum Verschwinden bringen. Das Buch ist eine Fundgrube, es aber selber zu finden, ist ein Problem.

Literatur:

Castille, Thierry‚ Le Pigeon Romain d’apres Jean-Pierre Breschet ou l’Avénement du Pigeon Romain au 19éme siècle. Textes Recueillis et Commentés par Thierry Castille, Rennes 2011.

Schachtzabel, E., Illustriertes Prachtwerk sämtlicher Tauben-Rassen, Würzburg o.J. (1910).

Sell, Axel, Taubenrassen. Entstehung, Herkunft, Verwandtschaften. Faszination Tauben durch die Jahrhunderte, Achim 2009.